Flüchtlingsrat: Gegen ein Abschreckungszentrum in den Tempelhofer Flugzeuggaragen

21.07.16: Geflüchteten Zugang zu regulären Wohnungen ermöglichen - gegen die Etablierung eines menschenunwürdigen Abschreckungszentrums in den Tempelhofer Flugzeuggaragen

Pressemitteilung Flüchtlingsrat Berlin vom 21. Juli 2016 hier auf der Webseite des Flüchtlingsrats lesen

Pressekontakt:
Flüchtlingsrat Berlin Tel. 030-24344 5762, E-Mail buero@fluechtlingsrat-berlin.de

 

Sozialsenator Czaja hat angekündigt, dass ab Ende des Jahres keine Geflüchteten mehr in den Tempelhofer Flugzeughangars untergebracht werden. Tatsächlich werden derzeit die Unterbringungskapazitäten in den Hangars massiv ausgebaut. Geflüchtete werden seit Monaten wie Stückware von einer Notunterkunft in die nächste verschoben. Der Flüchtlingsrat fordert den Senat auf, endlich für menschenwürdige Unterkünfte und den Zugang zu normalen Wohnungen zu sorgen.

Seit vielen Monaten müssen Asylsuchende in Berlin in Turn- und Fabrikhallen, Flugzeughangars und anderen Behelfsunterkünften unter unwürdigen Bedingungen leben. Das nimmt den Menschen Selbstbestimmung und Würde und die Motivation zur Teilhabe an der Aufnahmegesellschaft. Das Lagerleben mit Fremdverpflegung und ohne jede Privatsphäre macht auf Dauer viele Menschen psychisch und physisch krank. Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin erklärt: „Was hier geschieht, ist teuer, menschenunwürdig und verstößt gegen geltendes Recht: Dem Großteil der Menschen in den Notunterkünften steht es nach §3 Abs.2 AsylbLG eigentlich zu, selbst einzukaufen, selbst zu kochen und in Unterkünften oder Wohnungen zu leben, die dies auch ermöglichen.“
 
Die Ankündigung des Sozialsenators, dass in den Hangars ab 2017 keine Menschen mehr schlafen müssten, ist unglaubwürdig, wenn zugleich die Unterbringungskapazität massiv hochgefahren und Tempelhof als "Ankunftszentrum" etabliert wird. „Statt Willkommenskultur wird in Tempelhof ein Ausgrenzungs- und Abschreckungszentrum geschaffen. Notunterkünfte mögen im Herbst 2015 als kurzfristige Notlösung unvermeidbar gewesen sein. Notunterkünfte mit menschenunwürdigen Substandards dürfen aber keinesfalls zur Dauerlösung werden“, sagt Georg Classen, Sprecher des Flüchtlingsrates.
 
Der Flüchtlingsrat fordert seit Beginn der Belegung der Hangars die sofortige Schließung der Massenunterkunft. Die denkmalgeschützten Flugzeuggaragen aus den 30er Jahren sind als Werkstätten gebaut, sie sind baulich, hygienisch und technisch als Wohnraum weder geeignet noch herzurichten. Der Nutzung der Hangars zum Wohnen ist nach unserer Auffassung auch illegal, denn sie verstößt gegen alle einschlägigen baurechtlichen, brandschutzrechtlichen und hygienetechnischen Vorschriften.

Wir solidarisieren uns mit den aus Notunterkünften geräumten Geflüchteten, die aktuell vor dem LAGeSo und vor dem ICC für eine menschenwürdige Unterbringung und gegen ihre Verlegung in die Hangars protestieren.
 
 
Der Flüchtlingsrat Berlin fordert:

  • Die Unterbringung der geflüchteten Menschen in Notunterkünften, Hangars und Turnhallen schnellstmöglich zu beenden, und reguläre Gemeinschaftsunterkünfte in festen Gebäuden mit abgeschlossen Wohneinheiten und Küchen zur Selbstversorgung zu schaffen.
     
  • Bei der Zuweisung der Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünfte auf Bindungen an Schule, Kita und Nachbarschaft zu achten und anders als bisher stets auch die Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Geflüchteter (Kranke, Behinderte, Schwangere, Familien mit Kindern usw.) zu beachten.
     
  • Asylsuchenden schnellstmöglich den Zugang zu Mietwohnungen zu ermöglichen und die Sofortprüfung von Mietangeboten durch die Sozialbehörden sicherzustellen. Für diese Aufgabe muss endlich ausreichend Personal im LAGeSo zur Verfügung gestellt werden. Aktuell sprechen dort zahlreiche Geflüchtete mit Mietangeboten vor, aber die Vermieter werden durch die wochenlangen Prüfungen beim LAGeSo verprellt und ziehen ihre Angebote zurück.
  • Der Berliner Bausenator muss endlich die Realitäten anerkennen und Sozialwohnungen in großem Umfang bauen lassen, statt das Problem der Sozialverwaltung zu überlassen und immer nur neue Not- und Obdachlosenunterkünfte zu planen. Das Verbot des Bausenators, Asylsuchenden Wohnberechtigungsscheine auszustellen, muss sofort aufgehoben werden.
     
  • Der Innensenator muss dafür sorgen, dass in Berlin Arbeitserlaubnisse sofort ausgestellt werden. Durch wochenlanges Warten auf Termine und Entscheidungen der Ausländerbehörde werden potentielle Arbeitgeber verprellt und die Geflüchteten dauerhaft zu Fürsorgeempfängern gemacht.

 

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