Bürger sollten über Flüchtlingsheime abstimmen

on Ulrich Nußbaum

 

 

Es ist noch nicht lange her, da votierten die Berliner mehrheitlich und vehement gegen eine Bebauung des Tempelhofer Feldes. Der damalige Regierende Bürgermeister Wowereit nannte den Volksentscheid ein klares Ergebnis, das akzeptiert werden müsse. Alle anderen Planungen seien einzustellen.

 

Das sieht sein Nachfolger Michael Müller, für den der negative Ausgang des Volksentscheids nach eigenen Worten immer eine bittere Niederlage war, jetzt anders. Unter dem Eindruck steigender Flüchtlingszahlen will der Senat auf dem Flughafenareal Flüchtlingsheime bauen. Die sollen zwar nur temporär bis 2018 dort stehen. Aber dass die Flüchtlingskrise bis dahin vorüber ist und die Menschen wieder zurück in ihre Heimat fahren können, ist doch eher unwahrscheinlich. Und was dann?

Am linken Rand will der Senat temporäre Flüchtlingsunterkünfte errichten: auf einem Grünstreifen parallel zum Tempelhofer Damm (Foto: picture alliance / dpa)
Am linken Rand will der Senat temporäre Flüchtlingsunterkünfte errichten: auf einem Grünstreifen parallel zum Tempelhofer Damm (Foto: picture alliance / dpa)

Dann stehen auf dem geschützten Tempelhofer Feld für lange Zeit Problembauten, die keinem helfen. Den Flüchtlingen nicht, denn Zigtausende Menschen auf einem Platz zusammenzupferchen, führt zwangsweise zu Gettoisierung und zu sozialen Spannungen. Und uns auch nicht, denn die Flüchtlinge brauchen mehr als ein Dach über dem Kopf. Sie nur dort unterzubringen, wo Platz ist, wäre keine nachhaltige Idee.

Deshalb sollte der Senat erst alle anderen Möglichkeiten prüfen und von einer überhasteten Bebauung Abstand nehmen. Das gebietet schon der Respekt vor dem Volkswillen. Und wer es in Abgeordnetenhaus und Senat mit der direkten Demokratie ernst nimmt, der sollte auch den Mut aufbringen, sich den Bürgern zu stellen und uns über die Bebauung des Tempelhofer Felds mit Flüchtlingsheimen abstimmen lassen. In diesem Verfahren können dann alle Argumente – pro und kontra – transparent ausgetauscht werden und der Regierende muss nicht befürchten, dass seine Entscheidung als undemokratische Korrektur eines Volksentscheides gilt.

 

Zurück