Beabsichtigte Änderung des Tempelhofer Feld - Gesetzes (ThF-G), Demokratieabbau

Offener Brief der FeldkoordinatorInnen:

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

der große Wert des Tempelhofer Feldes ist seit dem Volksentscheid von 2014 stetig gewachsen. Dieser Freiraum in der Stadt ist für alle angrenzenden Quartiere und ganz Berlin zu einem Ort des Aufatmens geworden, und selbst für TouristInnen aus aller Welt ein Anziehungsmagnet.

Der für die Bevölkerung hohe Wert des Tempelhofer Feldes wurde durch die wissenschaftliche Studie des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung belegt und ist mehr als die Summe der einzelnen Teile.

Im Ergebnis wird klar, dass hier ein einmaliger, geschichtlich bedeutsamer, städtischer Grünraum vorhanden ist, der, bedingt durch seine Größe und Weite, seine Lage und Offenheit, eine Vielfalt an gleichzeitigen und unterschiedlichsten Nutzungen möglich macht, ohne die ökologische Vielfalt zu gefährden.

Die Stadt von Morgen braucht solche Räume!

Am 25. Mai 2014 entschieden sich die Berliner Wahlberechtigten durch einen Volksentscheid mit 739.124 JA-Stimmen in allen Bezirken mehrheitlich für den Gesetzesentwurf zum Erhalt des Tempelhofer Feldes (THF) in seiner bestehenden Ausdehnung. Das am 14. Juni 2014 in Kraft getretene Gesetz sah die Erarbeitung eines Entwicklungs- und Pflegeplans (EPP) vor, der unter umfänglicher Partizipation der Bevölkerung in zwei Jahren erstellt und im Juni 2016 vom Abgeordnetenhaus von Berlin zur Kenntnis genommen wurde.

Die im ThF-G vorgesehene Partizipation wurde durch die Etablierung des Feldforums, dem obersten empfehlenden Gremium, an dem alle BerlinerInnen teilnehmen können, und der Feldkoordination, bestehend aus VertreterInnen der Grün Berlin GmbH, der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klima und Umwelt (SenMVKU) und gewählten VertreterInnen der Berliner Bevölkerung realisiert und bis heute umgesetzt.

In der momentanen Lage ruft die Politik die BürgerInnen auf, die Demokratie im Allgemeinen aktiv zu verteidigen und sich dafür einzusetzen. Umso widersprüchlicher und undemokratischer wirkt es, 739.124 BerlinerInnen durch eine Bürgerwerkstatt der "Wie-Bebauung " mit 500 BürgerInnen zu entmündigen.  Die "Ob-Frage" der insgesamten Erhaltung des Feldes ist bereits eindeutig entschieden worden!  

Im Weiteren wird der Bevölkerung suggeriert, es handele sich um eine behutsame Randbebauung des Feldes, obwohl das wahre Maß der vorgesehenen Bebauung, z.B. die Geschossflächenzahl (GFZ=Anzahl der Vollgeschosse im Verhältnis zur Grundfläche) erst bei der Aufstellung von Bebauungsplänen festgelegt wird. Für eine Bebauung des äußeren Wiesenringes würde auch ein Großteil der über 1400 Bäume auf dem Tempelhofer Feld, die sich überwiegend (ca. 85 %) im Randbereich befinden, gefällt werden müssen.

Die Besorgnis der gewählten FeldkoordinatorInnen über die gravierenden Negativfolgen einer Bebauung des Tempelhofer Feldes sind bereits im April 2023 formuliert worden.

Der Verwertungsdruck, das Tempelhofer Feld bebauen zu wollen, ist bei den BefürworterInnen so hoch, dass selbst eine Änderung der Berliner Verfassung in Kauf genommen würde, um eine Volksbefragung von oben durchzusetzen. Ein sehr fragliches Grundverständnis unserer Berliner Landesverfassung, und das, obwohl 22 andere Stadterweiterungsflächen derzeitig beplant werden.

Bürgerwerkstätten, städtebauliche Wettbewerbe, ebenso wie Bürgerbefragungen erreichen nicht die gleiche demokratische Legitimation wie eine Wahlentscheidung der Bevölkerung gemäß Berliner Abstimmungsgesetz. Die hohen Anforderungen dieses Gesetzes an die Durchführung von Volksentscheiden mit Quoren etc. wollen die BebauungsbefürworterInnen selbst nicht erfüllen. Solche Vorgehensweisen führen unmittelbar zu Demokratieverdrossenheit.

Wir gewählten FeldkoordinatorInnen fordern Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Namen des Feldforums auf, dessen Empfehlung (Seite 7) zu folgen. Wir appellieren an Sie, das Ergebnis des Volksentscheides, das ThF-Gesetz, zu respektieren.

Mit freundlichen Grüßen, die gewählten FeldkoordinatorInnen

Pat Appleton
Juna Ahmia
Christiane Bongartz
Monika Dierenfeld
Jule Hanske
Norbert Rheinländer
Birgitt Sørensen
Beate Storni 

Hauptempfehlung des Feldforums, siehe S.7

https://tempelhofer-feld.berlin.de/documents/795/FF_DOKUMENTATION__final_.pdf 

Folgende Hauptempfehlung wurde im 14. Feldforum, 13.07.2023, eingebracht und ohne Gegenstimme angenommen:

„Die Feldkoordination, Grün Berlin GmbH und SenMVKU sind aufgefordert, sich auf verwaltungstechnischer Ebene und in Gremien dafür einzusetzen, auch weiterhin den Erhalt des ThF-Gesetzes in seiner jetzigen Fassung zum Schutz des Feldes zu vertreten und sich dafür einzubringen, das Tempelhofer Feld in seiner jetzigen Größe und Bestand vollumfänglich zu erhalten. Die gleiche Empfehlung richtet sich an Politik, Fachöffentlichkeit der planerischen Berufe, Universitäten und Stadtgesellschaft, um einer Bebauung des THF bereits im Vorfeld entgegenzuwirken, diese würde die Lebensgrundlage der jetzigen wertvollen Lebensräume zerstören.

Erklärung: Das Tempelhofer Feld ist eine einzigartige Offenlandschaft inmitten Berlins. Es hat eine einmalige Bedeutung für Natur- und Klimaschutz und ist gleichzeitig ein gesundheitsfördernder Ort für Naherholung und Sport. Der äußere Wiesenring mit seinen Gestaltungsmöglichkeiten schützt die inneren Wiesenbereiche vor Übernutzung und ist Refugium für viele schützenswerte und selten Tier- und Pflanzenarten. Die Geschichte der Stadt ist eng mit dem Tempelhofer Feld verknüpft und kann hier gut erlebbar gestaltet werden.“

 

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